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In Berlin gibt es das Komitee "Rettet die Ampelmännchen". Die kleinen rot/grün Männchen der ehemaligen DDR verschwinden langsam zugunsten ihrer westlichen Kollegen. Ampeln im Straßenverkehr sind relative junge Signalgeber, die aus Amerika nach Deutschland eingeführt wurden. Die erste Station wurde Mitte der zwanziger in Berlin installiert. Zu dieser Zeit wurde der binäre Verhaltenscodex – das Gebot zu gehen oder zu warten – durch eine sympatische Figur vorgegeben: einen kleinen guternährten Mann, der einen Hut mit breiter Krempe trägt. Aber als im Westen, ab Mitte der sechziger, jeder Fußgänger ein potentieller Autofahrer wird, verschwindet im Gegenteil zum Osten die traditionelle männliche Bekleidung (der Hut) aus dem Straßenbild. Und seit der Wiedervereinigung ist das kleine Ampelmännchen in Lebensgefahr !!! Bei meinen Spaziergängen durch Berlin habe ich festgestellt, daß die kleinen "Ost-Ampelmänner" eine wesentlich geringere statische Haltung haben als ihre Brüder im Westen, ganz im Gegenteil strahlen sie eine gewisse körperliche Anwesenheit aus. Und angesichts des Ausmaßes der Bauarbeiten habe ich verstanden, daß sie in Gefahr sind... Und daß Berlin ohne seine Ampelmännchen nie mehr Berlin sein wird. So habe ich beschlossen, das Motto "Rettet die Ampelmännchen" als Sprungbrett zu benutzen, dieses Männchen in Mädchen umzuwandeln und es in Situationen einzugliedern, die ins tägliche Leben passen. So beruht sich der Ausspruch auf das Wortspiel Männchen/Mädchen und wird zu "Rettet das Ampelmädchen". Ich habe mich als Mädchen grün und rot verkleidet. Eine Reihe von Fotografien zeigt die Figur wie sie darauf wartet, daß etwas passiert. Bei der Szenengestaltung wollte ich den Akzent auf die Einsamkeit des Ampelmädchens legen, um seine Hilfslosigkeit ausdrücken, seine innere Bedrängnis, die auf seinem Gesicht zu lesen ist. Es hat Angst und muß gerettet werden. Ich habe mich auch vom Geschlecht leiten lassen, das für Männchen und Mädchen identisch ist, das Neutrum. Mein kleines Mädchen wird ein Hampelmann. Und die Tatsache, daß er alleine ist, läßt annehmen, daß er keine menschliche Person kennt und vielleicht sogar überhaupt nicht reden kann. So wie diese Ampelmännchen, die ihre Verzweiflung nicht hinausschreien können...
© 1998/1999, Stephanie Boisset
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